Obwohl der Schweizer Arbeitsmarkt von einer relativen Transparenz zwischen zukünftigen Arbeitgebern und Bewerbern profitiert, wird in den Medien regelmässig von neuen Fällen geschönter Lebensläufe und falscher Diplome berichtet. Andererseits werden die beruflichen Laufbahnen, wie sie in den beruflichen sozialen Netzwerken wie LinkedIn, Xing oder Viadeo von Nutzern präsentiert werden, von Personalverantwortlichen immer häufiger anstelle des klassischen Lebenslaufes herangezogen. Sie sind oftmals aber deutlich weniger genau.
Der vorliegende Artikel wird diese «Lügen» und ihre möglichen Konsequenzen für die Urheber im Rahmen des Einstellungsverfahrens einordnen. Er wird zudem daran erinnern, dass es leicht zur Verwechslung von Bösgläubigkeit und Leichtsinn vonseiten der Bewerber kommen kann und dass sich eine Überprüfung der Daten in diesen Fällen aufzwingt.
Rechte und Pflichten
Zukünftige Arbeitnehmer profitieren von einem effizienten rechtlichen Rahmen, der ihre persönlichen Daten vor deren Missbrauch durch ihren zukünftigen Arbeitgeber während des Einstellungsverfahren schützt. Parallel zu diesen Rechten obliegen den Bewerbern allerdings mehrere Pflichten in dieser einschneidenden Phase des beruflichen Lebens.
Fälle von Lügen
Bevor wir die «verbotenen» Lügen ansprechen, muss daran erinnert werden, dass den Bewerbern unter Umständen ein «Recht auf Lüge» zusteht. Eine Bewerberin darf beispielsweise lügen, wenn ihr der Personalverantwortliche Fragen zu einer möglichen Schwangerschaft stellt, da dies in der Regel nicht von fachlicher Relevanz ist.
Abgesehen davon kann die Lüge während des Einstellungsverfahrens sowohl zivil- als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Mit der Übermittlung von Falschinformationen riskiert der zukünftige Mitarbeiter, dass seine Bewerbung abgelehnt oder sein Arbeitsvertrag gekündigt wird. Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid 4A_569/2011 vom 14. Februar 2011 die fristlose Kündigung eines Bankangestellten, der hinsichtlich seiner Aufgaben bei seinem vorherigen Arbeitgeber sowie seines Lohnniveaus gelogen hatte, geschützt. Diese Lügen hatten dem Bankangestellten zu einer Kaderanstellung verholfen, womit er eine Verantwortung und einen Lohn genoss, die im Verhältnis zu seinen tatsächlichen Fähigkeiten deutlich überbewertet waren.
Rechtliche Grundlagen und juristische Konsequenzen
Das Prinzip von Treu und Glauben (Art. 2 Abs. 1 ZGB) verbietet den in Verhandlungen stehenden Parteien, sich gegenseitig zu täuschen. Im konkreten Fall des Einstellungsverfahrens gebietet der gute Glaube, dass die Bewerber berechtigte und relevante Fragen wahrheitsgemäss beantworten. Mögliche Verletzungen dieses Prinzips werden mit dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo, der vorvertraglichen Haftung, geahndet. Der geschädigte Arbeitgeber kann, sollte er aufgrund der Lügen finanzielle Einbussen erlitten haben, über dieses Rechtsinstitut Schadenersatzansprüche geltend machen. Eine mögliche Kündigung des Arbeitsvertrages würde sich auf Art. 23 ff. OR abstützen, welche die Willensmängel enthalten, sowie auf die arbeitsrechtlichen Normen zur Kündigung.
Nach diesen Rechtsprinzipien können ein CV, ein Falschinformationen enthaltendes Profil in einem beruflichen sozialen Netzwerk oder auch die Fälschung von Diplomen zweifelsohne als Anwendungsfälle der vorvertraglichen Haftung herangezogen werden. Zudem setzt sich ein Bewerber, der gefälschte Diplome eingereicht hat, einer möglichen Strafverfolgung, u.a. gestützt auf Art. 251 StGB betreffend die Urkundenfälschung, aus.
Leichtsinn der BewerberInnen
Es sollte bedacht werden, dass Bewerber die Relevanz der Genauigkeit ihrer Daten im Einstellungsverfahren oftmals unterschätzen, wenn sie einen CV verfassen und/oder ihren beruflichen Werdegang in sozialen Netzwerken wiedergeben.
Damit diese Leichtsinnigkeit nicht mit Bösgläubigkeit verwechselt wird, ist es empfehlenswert, dass Arbeitgeber sich die Korrektheit der Angaben in CV und sozialen Netzwerken von den Bewerbern selbst bestätigen lassen. Damit liessen sich viele – oftmals kostspielige – heikle Situationen und Fehlbesetzungen vermeiden. Dies käme wiederrum sowohl ehrlichen Bewerbern als auch Arbeitgebern, die dadurch ihre Einstellungsverfahren optimieren könnten, zugute.
Datum Erstveröffentlichung : 03.03.21
Autor: Marketing- und Sales-Team von Aequivalent