In der Schweiz müssen Arbeitgeber einen komplexen rechtlichen Rahmen einhalten, wenn sie medizinische Untersuchungen und Drogentests durchführen. Dabei müssen sie die Rechte der Arbeitnehmer respektieren und gleichzeitig die Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleisten. Dieser Rahmen wird hauptsächlich durch das Obligationenrecht (OR), das Arbeitsgesetz (ArG), verschiedene Verordnungen und das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) geregelt.
1. Obligationenrecht (OR)
- Artikel 328 OR: Arbeitgeber müssen die Gesundheit der Arbeitnehmer schützen und für sichere Arbeitsbedingungen sorgen. Dies kann bei Bedarf medizinische Untersuchungen und Drogentests umfassen, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten.
- Artikel 328b OR: Arbeitgeber müssen persönliche Daten der Arbeitnehmer, einschliesslich Gesundheitsinformationen, sorgfältig behandeln. Die Erhebung dieser Daten ist nur erlaubt, wenn sie für die Ausführung des Arbeitsvertrags erforderlich oder gesetzlich vorgeschrieben ist.
2. Arbeitsgesetz (ArG)
- Artikel 6 ArG: Arbeitgeber sind verpflichtet, die notwendigen Massnahmen zum Schutz der körperlichen und psychischen Gesundheit der Arbeitnehmer zu ergreifen. Dies schliesst die Möglichkeit ein, in bestimmten Fällen medizinische Untersuchungen und Drogentests zu verlangen.
- Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3): Präzisiert die Massnahmen zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, einschliesslich der Anforderungen an die medizinische Überwachung für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten mit besonderen Risiken.
3. Bedingungen für Medizinische Untersuchungen und Drogentests
- Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit: Medizinische Untersuchungen und Drogentests müssen für den spezifischen Job notwendig und verhältnismässig zum Zweck sein. Beispielsweise können sicherheitssensible Rollen diese Massnahmen rechtfertigen, um Arbeitsrisiken zu verhindern.
- Einwilligung: Arbeitnehmer müssen in der Regel ihre Einwilligung zu medizinischen Untersuchungen und Drogentests geben. Ohne Einwilligung dürfen solche Tests nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden, in denen die Sicherheit oder die gesetzliche Einhaltung gefährdet ist.
- Privatsphäre und Vertraulichkeit: Der Prozess muss die Privatsphäre und Würde des Arbeitnehmers respektieren, und die Ergebnisse müssen vertraulich behandelt und ausschliesslich zu den vorgesehenen Zwecken verwendet werden.
4. Arten von Tests und Zeitpunkte
- Vor der Anstellung: Arbeitgeber können medizinische Untersuchungen und Drogentests als Einstellungsvoraussetzung verlangen, insbesondere für Rollen mit erheblichen Sicherheitsverantwortungen.
- Zufällige Tests: In sicherheitssensiblen Branchen können Arbeitgeber zufällige Tests durchführen, um die kontinuierliche Einhaltung und Sicherheit zu gewährleisten.
- Anlassbezogene Tests: Bei begründetem Verdacht auf Beeinträchtigung durch medizinische Zustände oder Drogenkonsum können Arbeitgeber Tests verlangen, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten.
- Nach einem Unfall: Nach einem Arbeitsunfall können medizinische Untersuchungen und Drogentests durchgeführt werden, um festzustellen, ob Gesundheitsprobleme oder Substanzkonsum beitragende Faktoren waren.
5. Spezifische Regelungen für Bestimmte Branchen
Einige Sektoren haben strengere Regelungen bezüglich medizinischer Untersuchungen und Drogentests:
- Luftfahrt: Strenge Anforderungen an Drogentests und Alkoholtests gelten für Mitarbeiter in der Luftfahrt, einschliesslich Piloten und Fluglotsen.
- Transport: Ähnliche strenge Tests gelten für Mitarbeiter im Transportsektor, wie Lokführer und Busfahrer.
- Gesundheitswesen: Gesundheitsarbeiter in sensiblen Positionen können regelmässigen medizinischen Untersuchungen und Drogentests unterzogen werden, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten.
6. Datenschutz und Vertraulichkeit
- Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG): Gesundheitsdaten, einschliesslich der Ergebnisse von medizinischen Untersuchungen und Drogentests, werden als besonders schützenswerte Daten klassifiziert. Arbeitgeber müssen diese Informationen mit strikter Vertraulichkeit behandeln und sicherstellen, dass sie nur autorisiertem Personal zugänglich sind.
- Informationspflicht: Arbeitgeber müssen die Arbeitnehmer über die Gründe für medizinische Untersuchungen und Drogentests, die Verwendung der gesammelten Daten und den Zugang zu den Ergebnissen informieren.
7. Rechte der Arbeitnehmer
- Recht auf Information: Arbeitnehmer haben das Recht, über die Prozesse der medizinischen Untersuchungen und Drogentests sowie über den Umgang mit den Ergebnissen informiert zu werden.
- Recht auf Anfechtung: Arbeitnehmer können die Ergebnisse oder die Notwendigkeit der Tests anfechten, wenn sie der Meinung sind, dass ihre Rechte verletzt wurden.
- Rehabilitation: Arbeitgeber werden ermutigt, Unterstützung und Rehabilitationsprogramme statt strafender Massnahmen für Arbeitnehmer anzubieten, deren Drogentests positiv ausfallen.
Bildnachweise: www.freepik.com
Veröffentlichungsdatum: 04.07.2023
Autor: Marketing- und Sales-Team von Aequivalent